
Die größte Entlastung entstand, als ich aufhörte zu glauben, alle Sprachen müssten jederzeit gleich gepflegt werden. Stattdessen begann ich zu rotieren.
Mal stand Koreanisch im Fokus, während Italienisch und Französisch im Hintergrund mitliefen, dann rückte Japanisch nach vorn und Französisch bekam eine Pause.
Keine Sprache verschwindet dadurch – sie ruht, bis sie wieder drankommt. Diese Art von Rotationsprinzip verhindert Überforderung und erzeugt langfristige Stabilität.
Mehrsprachigkeit ist weniger ein Stundenplan als ein Kreislauf: Man muss nicht alles gleichzeitig gießen, damit es wächst.
| Fazit Als ich an der Uni saß und mir anhören musste, dass man „am Ende keine einzige Sprache richtig spricht“, wenn man mehrere gleichzeitig lernt, klang das damals wie ein Gesetz. Heute weiß ich: Das Problem war nie die Anzahl der Sprachen – es war die Vorstellung, dass man sie alle auf die gleiche Weise, im selben Moment und unter denselben Bedingungen lernen müsse. Wer Sprachen trennt, statt sie zu verknoten, erlebt keine Verwirrung, sondern Ordnung. Wer Unterschiede zulässt – im Niveau, im Thema, im Tempo, im Zugang – schafft kein Chaos, sondern Struktur. Und genau diese Struktur ist es, die das Lernen leichter macht, nicht schwerer. Viele scheitern nicht daran, dass sie zu viel wollen, sondern daran, dass sie aus Angst gar nicht erst anfangen. Dabei ist Mehrsprachigkeit kein Risiko, sondern ein Werkzeug. Es ist wie beim Kochen: Du kannst verschiedene Gerichte parallel zubereiten, solange sie nicht alle in denselben Topf geworfen werden. Eine Sprache darf gerade köcheln, eine andere braucht noch Vorbereitung, eine dritte wird vielleicht nur abgeschmeckt oder warmgehalten. Chaos entsteht nicht durch Vielfalt, sondern durch das Gefühl, alles müsse gleichzeitig auf einer Flamme passieren. Wenn dich mehrere Sprachen faszinieren, dann tu es. Lern sie – parallel, abwechselnd oder nacheinander, aber mit Verstand und nicht mit schlechtem Gewissen. Lass dich nicht davon abhalten von Menschen, die glauben, dein Kopf hätte nur Platz für eine Sprache. Dein Gehirn ist keine Einzimmerwohnung, sondern ein Haus mit mehreren Räumen. Du musst nur entscheiden, in welchem du gerade bist – und dort das Licht anschalten. Und wenn du jemanden brauchst, der dich durch die Räume führt, dir den Schlüssel zur Sprache reicht oder dich einfach daran erinnert, wo der Lichtschalter sitzt – sag Bescheid. Egor Skripkin |